IPA – Integrierte Projektabwicklung

Inte­grier­te Pro­jekt­ab­wick­lung (IPA) ist ein moder­nes Koope­ra­ti­ons­mo­dell für Bau­pro­jek­te, das dar­auf abzielt, die Zusam­men­ar­beit und Effi­zi­enz in der Bau­bran­che zu ver­bes­sern. Im Gegen­satz zu her­kömm­li­chen Ver­trags­mo­del­len, bei denen Archi­tek­ten, Inge­nieu­re und Bau­un­ter­neh­men getrennt beauf­tragt und bezahlt wer­den, ver­eint IPA die­se Betei­lig­ten inklu­si­ve Bau­her­ren in einem ein­zi­gen Team und basiert auf gemein­sa­mer Ver­ant­wor­tung und Trans­pa­renz. Dazu unse­re detail­lier­te Erklärung:

  1. Grund­prin­zi­pi­en der Inte­grier­ten Projektabwicklung

Die IPA setzt auf ein inter­dis­zi­pli­nä­res, kol­la­bo­ra­ti­ves Team, das von Beginn ‑also der ers­ten Idee an- bis zur Fer­tig­stel­lung eines Bau­pro­jekts zusam­men­ar­bei­tet. Die wich­tigs­ten Merk­ma­le sind:

  • Frü­he Ein­bin­dung aller Betei­lig­ten: Der Bau­herr wird mit Archi­tek­ten, Inge­nieu­ren, Bau­un­ter­neh­men, Fach­pla­nern und ande­ren Fach­leu­ten von Anfang an in das Pro­jekt ein­ge­bun­den. Dadurch kann und muss das Team von der Ent­wurfs­pha­se an gemein­sam Ent­schei­dun­gen (Ein­stim­mig­keits­prin­zip mit Eska­la­ti­ons­stu­fen) tref­fen, was die Pla­nung opti­miert und das Risi­ko spä­te­rer Ände­run­gen verringert.
  • Trans­pa­ren­te Kom­mu­ni­ka­ti­on und geteil­te Ver­ant­wor­tung: Alle Betei­lig­ten sind gemein­sam für den Pro­jekt­er­folg ver­ant­wort­lich. Das bedeu­tet, dass Risi­ken, Pro­ble­me und auch Erfol­ge offen kom­mu­ni­ziert und geteilt werden.

Finan­zie­rung aus einem gemein­sa­men Bud­get (Topf): Anders als bei her­kömm­li­chen Pro­jek­ten wer­den alle Betei­lig­ten aus einem gemein­sa­men Pro­jekt­bud­get bezahlt. Statt indi­vi­du­el­ler Ver­trä­ge gibt es eine ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung, die fest­legt, wie das gesam­te Team als Ein­heit bezahlt wird. So hat das Team ein gemein­sa­mes Ziel: das Pro­jekt unter Ein­hal­tung des Bud­gets und der Qua­li­tät erfolg­reich abzu­schlie­ßen. Das Bud­get umfasst auch einen Risi­ko­pos­ten, der im opti­ma­len Fall als Prä­mie den Betei­lig­ten zusteht.
Das gemein­sa­me Bud­get wird nach Auf­wand ermit­telt (jeder Part­ner stellt eine Urkal­ku­la­ti­on mit Kos­ten nach Mann­ta­gen auf) und nach ver­tief­ter Ent­wurfs­pla­nung der Höhe nach (gemäß der Para­me­ter der Urkal­ku­la­ti­on) fest­ge­schrie­ben. An die­ser Stel­le gibt es einen „Exit­punkt“.

  1. Vor­tei­le der IPA

Die Inte­grier­te Pro­jekt­ab­wick­lung bie­tet eine Rei­he von Vor­tei­len gegen­über tra­di­tio­nel­len Bauprozessen:

  • Kos­ten­sen­kung: Da alle aus einem gemein­sa­men Bud­get bezahlt wer­den und kein finan­zi­el­ler Anreiz für Mehr­kos­ten besteht, wird das Team dazu moti­viert, kos­ten­ef­fi­zi­en­te Lösun­gen zu ent­wi­ckeln, die das Bud­get nach erfolg­ter Pla­nung fest­le­gen. Kos­ten­sen­kend wirkt sich ins­be­son­de­re die Ver­mei­dung von Pla­nungs- bzw. Bau­still­stands­zei­ten aus.
  • Höhe­re Effi­zi­enz: Die frü­he Ein­bin­dung aller Betei­lig­ten för­dert den Infor­ma­ti­ons­fluss und ver­bes­sert die Pla­nung. Da Pro­ble­me frü­her erkannt wer­den, kön­nen Ver­zö­ge­run­gen und Kos­ten­über­schrei­tun­gen leich­ter ver­mie­den werden.
  • Ver­bes­ser­te Qua­li­tät: Durch die Zusam­men­ar­beit und die gemein­sa­me Ver­ant­wor­tung für das End­ergeb­nis wird die Qua­li­tät der Arbeit gestei­gert. Die Betei­lig­ten sind moti­vier­ter, hohe Stan­dards ein­zu­hal­ten, da die Qua­li­tät des Pro­jekts direk­ten Ein­fluss auf das gesam­te Team hat.
  • Redu­zier­tes Risi­ko von Kon­flik­ten: Da alle im sel­ben Boot sit­zen und von den glei­chen Zie­len gelei­tet wer­den, sind Kon­flik­te sel­te­ner. Es gibt kei­ne iso­lier­ten Par­tei­en mit eige­nem wirt­schaft­li­chem Inter­es­se, was Span­nun­gen und Miss­trau­en redu­ziert. Zusätz­lich wer­den Mode­ra­to­ren in das Team eingebunden.
  1. Ver­trags­mo­dell und Gewinnverteilung

Im IPA-Modell wird oft ein soge­nann­ter “Alli­anz­ver­trag” genutzt, der das gesam­te Team an das Pro­jekt bin­det. Die Bezah­lung basiert auf einem gemein­sa­men Pro­jekt­bud­get mit Reser­ve­bil­dung nach erfolg­ter Geneh­mi­gungs- bzw. Aus­füh­rungs­pla­nung, aus dem alle Betei­lig­ten ihren Anteil erhal­ten. Gewin­ne und Kos­ten­über­schrei­tun­gen wer­den gemein­sam getra­gen, und ein aus dem Reser­ve­an­teil gespeis­tes Bonus-Sys­tem belohnt das Team, wenn das Pro­jekt inner­halb des Bud­gets und Zeit­plans fer­tig­ge­stellt wird. Damit wird ein Anreiz geschaf­fen, wirt­schaft­lich zu arbei­ten und hohe Qua­li­tät zu liefern.

  1. Her­aus­for­de­rung und Erfolgsfaktoren

Die Ein­füh­rung der IPA ist anspruchs­voll und setzt eine neue Denk­wei­se vor­aus. Die tra­di­tio­nel­len Rol­len und Hier­ar­chien müs­sen rest­los auf­ge­bro­chen wer­den, und eine Kul­tur des Ver­trau­ens ist not­wen­dig. Erfolgs­fak­to­ren sind daher:

  • Ver­trau­en und Trans­pa­renz: Alle Betei­lig­ten müs­sen sich unein­ge­schränkt dar­auf ver­las­sen kön­nen, dass Infor­ma­tio­nen offen geteilt werden.
  • Kla­re Kom­mu­ni­ka­ti­on: Gemein­sa­mes Büro, regel­mä­ßi­ge und häu­fi­ge Mee­tings und eine kla­re Abstim­mung der Zie­le und Auf­ga­ben sind entscheidend.
  • Gemein­sa­me Zie­le und Wer­te: Alle Betei­lig­ten müs­sen am gemein­sa­men Erfolg inter­es­siert sein, was durch die Struk­tur des IPA-Ver­trags geför­dert wird.

Zusam­men­fas­sung

IPA ist ein moder­nes Koope­ra­ti­ons­mo­dell in der Bau­wirt­schaft, das dar­auf abzielt, durch gemein­sa­me Ver­ant­wor­tung und Finan­zie­rung die Effi­zi­enz, Qua­li­tät und Kos­ten­kon­trol­le zu ver­bes­sern. Durch die Bün­de­lung aller Betei­lig­ten in einem Team und einer trans­pa­ren­ten, part­ner­schaft­li­chen Zusam­men­ar­beit soll IPA Bau­pro­jek­te in einer Wei­se rea­li­sie­ren, die Mehr­wert für alle Betei­lig­ten schafft und den End­kun­den ein hoch­wer­ti­ges Ergeb­nis liefert.

 

IPA und Vergabe

Bei der Inte­grier­ten Pro­jekt­ab­wick­lung (IPA) und der Ver­ga­be­ver­ord­nung (VgV) gibt es durch­aus recht­li­che Her­aus­for­de­run­gen, ins­be­son­de­re wenn es sich um öffent­li­che Auf­trag­ge­ber han­delt. Die Ver­ga­be­vor­schrif­ten im euro­päi­schen Raum, die in Deutsch­land durch das Gesetz gegen Wett­be­werbs­be­schrän­kun­gen (GWB) und die VgV gere­gelt wer­den, schrei­ben vor, dass öffent­li­che Auf­trä­ge ab bestimm­ten Schwel­len­wer­ten euro­pa­weit aus­ge­schrie­ben wer­den müs­sen. Der Zweck die­ser Rege­lun­gen ist es, einen fai­ren Wett­be­werb zu gewähr­leis­ten und Mono­pol­stel­lun­gen zu verhindern.

Her­aus­for­de­rung für IPA bei öffent­li­chen Ausschreibungen

Das IPA-Modell kann in Kon­flikt mit die­sen Vor­ga­ben gera­ten, da es die Leis­tun­gen nicht ein­zeln aus­schreibt, son­dern eine Zusam­men­ar­beit aller Betei­lig­ten von Beginn an vor­sieht. Das wider­spricht dem Prin­zip der Ver­ga­be­ver­ord­nung, bei der jede Leis­tung – also bei­spiels­wei­se Pla­nung, Bau­aus­füh­rung und Pro­jekt­steue­rung – in der Regel ein­zeln aus­ge­schrie­ben wer­den müss­te, um den frei­en und fai­ren Wett­be­werb zu sichern.

Lösungs­an­sät­ze und mög­li­che Model­le für öffent­li­che Auftraggeber

Um den­noch eine IPA im Rah­men der Ver­ga­be­ver­ord­nung umzu­set­zen, gibt es eini­ge Lösungs­an­sät­ze, die öffent­li­che Auf­trag­ge­ber in Betracht zie­hen können:

  1. Ver­ga­be eines Gene­ral­un­ter­neh­mer­ver­trags mit IPA-Kom­po­nen­te (kein IPA): Eine Mög­lich­keit besteht dar­in, den gesam­ten Auf­trag in Form eines Gene­ral­un­ter­neh­mer­ver­trags aus­zu­schrei­ben und die IPA-Struk­tur inner­halb die­ses Ver­trags zu inte­grie­ren. Der Gene­ral­un­ter­neh­mer könn­te dann die Pla­ner und Bau­un­ter­neh­men direkt im IPA-Team ein­bin­den. Der Nach­teil die­ses Ansat­zes ist jedoch, dass das IPA-Team in der Regel nicht so inte­griert ist, wie es beim rei­nen IPA-Modell der Fall wäre, da der Gene­ral­un­ter­neh­mer for­mell Haupt­ver­ant­wort­li­cher bleibt. Damit ist die­ser Weg u. E. nicht erfolgversprechend.
  2. Zulas­sung von „Pro­jekt­alli­an­zen“ als Ver­ga­be­mo­dell: In eini­gen Län­dern (z.B. in den Nie­der­lan­den und im Ver­ei­nig­ten König­reich) gibt es bereits gesetz­li­che Rah­men­be­din­gun­gen, die Pro­jekt­alli­an­zen für öffent­li­che Auf­trag­ge­ber zulas­sen. Die­se Model­le ermög­li­chen eine enge­re Zusam­men­ar­beit und könn­ten eine Art Vor­bild sein. In Deutsch­land könn­ten sol­che Model­le jedoch noch an recht­li­chen Hür­den sto­ßen und erfor­dern even­tu­ell Aus­nah­me­re­ge­lun­gen, Son­der­ge­neh­mi­gun­gen oder Mut
  3. Aus­schrei­bung der IPA-Dienst­leis­tung als „inte­grier­tes Leis­tungs­mo­dell“: Man kann ver­su­chen, IPA als eine inte­gra­ti­ve Dienst­leis­tung für Pro­jekt­ma­nage­ment und Bau­aus­füh­rung anzu­bie­ten und so die Aus­schrei­bung auf die Gesamt­leis­tung des Bau­ens aus­wei­ten. Dies müss­te aller­dings spe­zi­fisch begrün­det wer­den, da die Ver­ga­be­stel­len die Anfor­de­run­gen für Ein­zel­ver­trä­ge und trans­pa­ren­te Leis­tungs­be­schrei­bun­gen sehr genau prüfen.
  4. Wett­be­werb­li­cher Dia­log: Der wett­be­werb­li­che Dia­log ist ein Ver­ga­be­ver­fah­ren, das in Deutsch­land bei kom­ple­xen Pro­jek­ten erlaubt ist. Er ermög­licht es öffent­li­chen Auf­trag­ge­bern, wäh­rend der Ver­ga­be­pha­se direkt mit poten­zi­el­len Bie­tern zu ver­han­deln und fle­xi­ble Model­le zu ent­wi­ckeln. Der wett­be­werb­li­che Dia­log könn­te für IPA-Pro­jek­te genutzt wer­den, um das Ver­ga­be­ver­fah­ren anzu­pas­sen und eine inte­grier­te Pro­jekt­ab­wick­lung zu ermög­li­chen. In die­sem Ver­fah­ren kön­nen die spe­zi­fi­schen Anfor­de­run­gen und Rah­men­be­din­gun­gen für IPA im direk­ten Dia­log mit den Bie­tern ent­wi­ckelt wer­den. Das ist zur Zeit das Mit­tel der Wahl.

Zusam­men­fas­sung

IPA stellt in der Tat eine Her­aus­for­de­rung für die Ein­hal­tung der euro­päi­schen Ver­ga­be­ver­ord­nung dar, weil es von der strik­ten Auf­tei­lung in ein­zel­ne, aus­ge­schrie­be­ne Leis­tun­gen abweicht. Öffent­li­che Auf­trag­ge­ber müs­sen daher auf alter­na­ti­ve Ver­ga­be­ver­fah­ren wie den wett­be­werb­li­chen Dia­log oder Gene­ral­un­ter­neh­mer­mo­del­le zurück­grei­fen oder eine Son­der­ge­neh­mi­gung für Pro­jekt­alli­an­zen anstre­ben. In Deutsch­land gibt es bis­her kei­ne kla­re recht­li­che Grund­la­ge für die unein­ge­schränk­te Nut­zung von IPA im öffent­li­chen Bereich, aber der Trend hin zu mehr Kol­la­bo­ra­ti­on im Bau­we­sen wird zukünf­tig neue Mög­lich­kei­ten eröff­nen, IPA-kon­for­me Ver­ga­be­mo­del­le zu etablieren.